Die Wahrheit ist auf dem Platz

Das sagte einst der große deutsche Fußball-Philosoph Lukas Podolski. Eine geradezu weltmeisterliche Aussage, die in ihrer Knappheit und Präzision, aber auch in ihrem umspannenden Sinngehalt und der wahren Wahrheit tief beeindruckend ist. Ganze Bücher, ja Weke sind über die Existenz oder auch Nichtexistenz der Wahrheit geschrieben worden. Und er, der linksfüßige Philosophie-Begabte, schüttelt auf die Frage eines Reporters eine derartige Aussage sozusagen aus dem Trikot-Ärmel.

Allein die Idee, das menschliche Leben mit einem “Platz” -womit er natürlich das Spielfeld meint – ist grandios in ihrer Bildhaftigkeit und Affinität, in ihrer Integration und in ihrer Assoziationsfähigkeit.  Denn dort, auf dem Platz, spiegelt sich das Leben, die sozialen Beziehungsgeflechte, Hierachien, die sozio-kulturellen Verhältnisse wie in einem Mikro-Kosmos wider. Unter Aufsicht der Regierungs-, pardon, Trainerbank, “spielt” sich dort das Leben ab. Erfolge, aber auch Verletzungen, Existenzen von Platzhirschen, Auswechselungen und ein tristes und dauerhaftes Fristen auf der Ersatzbank, es wird gefoult, es wird mit der Wahrheit gespielt, manchmal wird sie gar versteckt: alles da.

Und die Wahrheit? Nun, diese ist rund und unberechenbar wie der Ball – und sie ist, wenn es denn mal nicht “klappt”, an allem schuld. Natürlich ist es das Ziel, sie irgendwie unterzubringen. Da ist der Angriff, der die Wahrheit nach vorne zum Ziel bringen soll. Aber auch in den tiefen Räumen des Mittelfeldes wird die Wahrheit  – mal nach vorne, mal nach hinten – bearbeitet und getragen. Zeitweise, wenn man sich nicht traut, oder wenn es nicht genehm ist, wird sie gar hin- und hergeschoben; keiner fühlt sich dann verantwortlich. Manchmal gerät die Wahrheit sogar ins Aus. Das macht aber nichts, es wird dann sofort eine neue eingeworfen. Ist das nicht eine wunderbare und tief-philosophische, ja spielerisch leichte Erkenntnis und Einsicht über die Relativität der Wahrheit? Und die Hüter der Wahrheit? Die Tor-Hüter? Gerade sie befinden sich in einer äußerst schwierigen, kaum zu bewältigenden, ja, sie sogar manchmal spaltenden Situation.  Sie sollten doch die Wahrheit eigentlich zu- oder eben reinlassen, damit sie zählt. Aber was machen sie – sie verhindern sie permanent, sie wehren sie ab. Sie müssen ihr Gehäuse sauber halten. Aus dieser Zwiespältigkeit heraus erwächst sodann die Angst des Torwarts beim Elfmeter oder erklärt auch, warum Torhüter eben so sind, wie sie sind.

Nun, zugegeben, man kann natürlich ein Fußballspiel auch anders sehen. Spaß macht es allemal. Leichtfüßig, intelligent, torreich und fair. Wie das Leben – eben. Aber es bleibt dabei und wird sich zeigen: Die Wahrheit ist auf dem Platz.

Allen wünsche ich heute Abend viel Freude und Unterhaltung bei der Wahrheitssuche.

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Datum: Sonntag, 13. Juni 2010 7:35
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4 Kommentare

  1. 1

    Ich bewundere deine grenzenlose Fantasie. Fußball so zu beschreiben, so formulieren zu können wie du….das ist wahrlich brilliant und meisterlich.

    Auch dir viel Spaß beim zusehen heute Abend.

    Gruß Carlo

  2. 2

    Aufklärung der besonderen Art. Gewürzt mit dem Schuss Ironie der das ganze abrundet. Ich werde das Spiel heute abend mit anderen Augen sehen. Großes Kompliment Hans…toll geschrieben. (wieder einmal)!

    Gruß
    Broddi

  3. 3

    Der heutige und die folgenden Fussballabende werden mich der “Wahrheit” bestimmt ein Stück näher bringen! Einfach köstlich, mit welcher Meisterschaft Du aus einem Podolski einen Philosophen machst und ein Fussballspiel zu einem sinnhaften Unterfangen umgestaltest!

  4. 4

    Hurra, die Wahrheit wurde mit dem 1. Tor von Podolski auf den Platz getragen! 4:0!!!!
    Herzliche Grüsse
    Charlotte

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